Steine erzählen...

Eine Route zu Skulpturen von Christoph Wilmsen-Wiegmann rund um Kleve

Saxa loquuntur

Seit Alters weiß man es: die Steine sprechen. Sie raunen, sie erzählen; für Sage und Geschichte scheinen sie unsere vertrauenswürdigsten Zeugen, alles gründet auf ihnen, und ihre Dauerhaftigkeit lässt, was auch immer geschieht, episodisch erscheinen; kaum etwas aber, das nicht auf ihnen seine Spur hinterließe, der Mensch als letzter und am nachdrücklichsten der Bildhauer. (Franz-Joseph van der Grinten)

>> Saxa loquuntur (der vollständige Text von Franz-Joseph van der Grinten)

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinzeichen, 2017

Standort: Kleve, Bahnhofsplatz

Lava-Basalt aus der Eifel, Höhe: 5,6 Meter, Gewicht: 12 Tonnen

 

 

"Der Stein erzählt seine Geschichte", sagt Wilmsen-Wiegmann. Am Klever Bahnhof ist das 5,6m hohe Steinzeichen eine Wegmarke für die Vorbeiströmenden. Mal hell, mal dunkel wirkend je nach Tages- oder Jahreszeit, meist nur flüchtig wahrgenommen. Schaut man länger, erkennt man geschwungene Linien, entstanden durch den Strom der Vulkanlava und betont durch die Hand des Bildhauers Wölbungen sowie Sichtachse, die sich vom Stein aus öffnen.

Der 12 Tonnen schwere Lava-Basalt entstand vor etwa 200.000 Jahren in der Eifel. Dort hat der Künstler ihn in einem Steinbruch gefunden, den "unbearbeiteten Stein aus seinem natürlichen Zusammenhang" herausgelöst und an den Niederrhein bringen lassen und bearbeitet. "Im stundenlangen Behauen und Bearbeiten der Steine, im Versunkensein mit den schleifenden Händen, dem ganzen Körper, stellt sich plötzlich tiefe Freude und Betroffenheit ein, vor dem, was sich aus dem Stein öffnet", so beschreibt CWW diesen Prozess des Bearbeitens, Meditierens, Phantasierens, Deutens, der für ihn mit dem Zeitpunkt endet, an dem Stein der Landschaft zurückgeschenkt wird.

Steinmeditationen (Text von Christoph Wilmsen-Wiegmann)

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinspirale - Mahnmal, 1988

Standort: Kleve-Kellen, Alter Friedhof (zwischen Jungferngraben und Zur Alten Kirche)

14 Hartbasalt Säulen

 

Auf vier niedrigen, oben geschliffenen Hartbasalt-Säulen weist die eingemeißelte Capitalis-Schrift auf den Grund dieser Steinsetzung auf dem Alten Friedhof in Kellen: „DEN OPFERN VON KRIEG, TERROR UND GEWALT ZWISCHEN 1933 UND 1945“ gewidmet.

Dahinter bilden 14 höhere Basalt-Säulen eine Spirale, deren Mittelpunkt eine Linde „als Baum des Lebens“ bildet. Die 1987 gepflanzte Linde mußte durch eine Neupflanzung ersetzt werden, die noch wachsen muss, um den Mittelpunkt wirken zu lassen.

Diese Steinmale greifen in der Form die geheimnisvollen Steinsetzungen der prähistorischen Megalith-Kultur (Großstein-Kultur) auf, die an Orten wie Stonehenge / England oder Carnac / Bretagne die Zeit überdauerten. Sie bilden hier in Kellen ein Mahnmal als Pendant zum alten Gefallenendenkmal aus 1925 von Joseph Brüx.

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Säulenwald, 2014

Standort: Kleve-Kellen, Alter Friedhof (zwischen Jungferngraben und Zur Alten Kirche)

17 Granit-Säulen aus Norwegen, jeweils Höhe 2,2 – 2,4 Meter und um 800 kg schwer

 

In der Mitte zwischen dem Denkmal aus 1925 und dem Mahnmal Steinspirale wurde der Säulenwald ergänzt, um einen Erinnerungsort zu schaffen für die über 300 Kellener Bürgerinnen und Bürger, die im 2. Weltkrieg getötet wurden oder an Ihren Verletzungen irgendwo an den Orten des Krieges verstorben sind. Emil Kunst vom Kulturverein Cellina hat diese aufwendige Recherche durchgeführt, Christoph Wilmsen-Wiegmann sie in Stein gemeißelt.

"Der Säulenwald, das sind 17 überlebensgroße bruchraue Steinkörper, die sich in der Parklandschaft emporrecken. Mit ihren Graten, halbkreisförmigen Bohrungen, gebrochenen Volumen und Kanten, den Verletzungen, Kratern und Wunden, wirken sie wie beredete Zeugen der Kriegswirren, des Terrors und des Todes. Jeder der Steinmonolithen ist einzigartig und hat eine ganz eigene Form- und Farbgebung. Sie sind nicht willkürlich aufgerichtet, sondern stehen in dialogischer Beziehung zueinander und zu nahen und fernen Bäumen." (CWW).

Im allen eigenen Wechsel von bruchrauen und polierten Flächen, geraden und durch Bohrlöcher aufgebrochenen Kanten verbinden sich die Säulen zu einer Einheit. Auf den polierten Flächen sind die über 300 Namen von Menschen aus Kellen, ihr Geburts- und Sterbedatum sowie der Ort ihres Todes irgendwo in Europa oder Nordafrika zu lesen.

Säulenwald für Kellen (Text von Christoph Wilmsen-Wiegmann)
>> Säulenwald im Willibrordpark (Namen der 300 Kellener; Kulturverein Celina)

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Fünf Granitsäulen, 2001

Standort: Kleve-Kellen, Emmericher Str. 92-94 (Bundespolizei)

Skandinavischer Granit, Höhe: 150-350 cm

 

Vor dem Gebäude der Bundespolizei in Kellen hat Christoph Wilmsen-Wiegmann Fünf Granitsäulen eine klare Form gegeben: Glattgeschliffene Prismen über der quadratischem Standfläche mit einem oberen Abschluss in Form eines Pultdaches stehen mit Abstand in einer Steinreihe, deren oberer Abschluss eine Linie ergibt. (Der Zaun rechts wurde später durch den Hausbesitzer hinzugefügt.)

 

Felix Droese und Christoph Wilmsen-Wiegmann

Fraubillenkreuz, 2014-2021

Standort: Kleve-Salmorth (5 Minuten Fussweg vom Parkplatz am Klärwerk rheinabwärts)

Basaltlava mit Eisenfuß, Höhe 530 cm x Breite 120 cm x Tiefe 120 cm

 

In der Südeifel, nahe dem Luxemburgischen Echternach, steht seit 5000 Jahren ein alter Menhir.

Um ihn ranken sich Geschichten, u.a. die vom iroschottischen Mönch und Missionar Willibrord. Er, der Gründer des nahen Klosters Echternach, habe mit eigener Hand aus dem heidnischen Stein ein christliches Zeichen gemacht, indem er ein Kreuz hinein meißelte.

Keine Überlieferung belegt, woher der Stein in der Eifel seinen Namen „Fraubillenkreuz“ bekam. Die einen deuten ihn als Ableitung von „Unserer Lieben Frau Bild-Kreuz“, u.a. wegen der Nischen im Stein, in denen vermutlich Heiligenbilder hingen.

Die anderen sehen einen Bezug zu den Sybillen der antiken Welt, den – gerne in Felsen und Grotten verorteten – weissagenden Prophetinnen, und belegen dies u.a. mit der alten Bezeichnung „Sybillen Creutz“ für den Eifeler Stein.

 

>> Frabillen- oder Fraubillenkreuz - Auch Sybillenkreuz genannt (Datenbank, Kulturregion Trier)

 

Auf diesen Menhir beziehen sich Felix Droese und Christoph Wilmsen-Wiegmann und setzen einen 5,30 Meter hohen Lavastein in die Salmorther Flussaue ganz nah dem heutigen Rheinbett. An dieser Stelle zwischen dem Eltener Berg am rechten Rheinufer und den Stauchmoränen am Klever Springenberg auf der linksrheinischen Seite öffnet sich die durch den Rhein über Jahrtausende geprägte Landschaft in die niederländische Ebene.

Durch diese Steinsetzung von Felix Droese und Christoph Wilmsen-Wiegmann eröffnen sich ein Dialog mit der Kulturlandschaft und den Menschen, die sie präg(t)en:

Lava, das Gestein stammt – wie die Bezeichnung des Kunstwerkes „Fraubillenkreuz“ - aus der Eifel.

Willibrord (um 658 Northumbria – 739 Echternach) war Abt des Klosters Echternach und auch Bischof in Utrecht. Er gilt als der Missionar der Niederrheinlande, der das Christentum hier verbreitete. Die Kirchenpatrozinien "St.Willibrord" in Kellen, Rindern, Xanten-Wardt und Wesel zeugen von seinem Wirken.

Als vierte Skulptur in der Achse zwischen Hoch Elten und dem Amphitheater Kleve gehört das „Fraubillenkreuz“ zum großen Kunstprojekt „Skulpturenachse“, an dem Christoph Wilmsen-Wiegmann seit Jahren arbeitet.

Endpunkt auf der rechten Rheinseite ist das kaiserliche Stift Hoch Elten. Dort residierten im Mittelalter die „weissagenden Frauen von Hoch-Elten“. Auf der linken Rheinseite ist das Klever Amphitheater der Endpunkt. Dort baute Johann Moritz Grotten und Wasserspiele, setzte mit Skulpturen Bezüge zur antiken Götterwelt und gestaltete so in den Klever Gartenanlagen mit den ausgeprägten Sichtachsen in die Landschaft seinen Traum von Arkadien.

 

>> AUFRICHTEN - Anmerkungen zur Skulptur Fraubillenkreuz (Harald Kunde)

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Skulpturenachse und Steintor, 2000

Standort: Emmerich-Hoch-Elten

Skandinavischer Granit, Höhe 580 cm, jeweils 25 Tonnen schwer

 

Seit 1989 verfolgt Christoph Wilmsen-Wiegmann die Idee einer Skulpturenachse. Als Beginn legte er auf der eiszeitlichen Endmoräne am Turm der St. Vitus Kirche in Hoch Elten eine Granitschwelle aus.

Dort stehend richtet sich der Blick heute das etwas tieferliegende Stein Tor, das im Millenniumsjahr 2000 der Öffentlichkeit übergeben wurde und seitdem einen wundervollen Blick auf die gegenüberliegende Rheinseite bietet.

Durch das Stein Tor wird die Blickrichtung auf den Waldeinschnitt am Klever Amphitheater geführt. Noch weiter dem Hang abwärts folgend öffnet sich die Sicht auf die Rheinebene und rückwärts durch das Stein Tor auf St.Vitus.

>> Skulpturen-Achse Hoch Elten - Kleve
>> Steintor in der Sichtachse Hoch Elten - Kleve (CWW)
Ein Fluß teilt das Land und verbindet die Ufer. (Franz Joseph van der Grinten zur Übergabe Stein Tor), 2000

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinboot, 2000

Standort: Kalkar-Grieth (am Parkplatz in den Rheinwiesen)

Skandinavischer Granit, Höhe 400 cm, 10 Tonnen schwer

 

Zum 750 jährigen der Stadtgründung Grieths wurde das Steinboot am Stromkilometer 845 vor dem Deich in der durch die vorletzte Eiszeit geprägte Rheinaue aufgestellt. Seit Jahrhunderten ist dieser Ort am Rhein ein Handelsplatz, der im MIttelalter auch mit der Hanse eng verbunden war.

Aus einem einzigen 24 Tonnen schweren Granitblock schlug Christoph Wilmsen-Wiegmann diese Skulptur: Auf der hohen Stele sehen wir oben die wogenden Wellen und das glänzend polierte, stromaufwärts gerichtete Boot.

Umgeben wird das Steinboot von zwölf Würfeln mit den Namen der die Ortsgemeinschaft prägenden Vereine.

>> Die WAZ vom 06.02.2021 zeigt das Steinboot umgeben vom Hochwasser des Rheins

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Außenatelier, 2013

Standort: Kalkar-Appeldorn

 

Die dort in der Werkphase liegende Skulptur Bewegung steht heute in Weeze.

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Lichtsteine (im Atelier)

 

Steine. Symbole der Erde und menschlicher Verbundenheit mit ihr...Sie vermitteln die lebendige Vereinigung von Landschaft und Mensch und treten in Beziehung zu Tages- und Jahreszeiten, zu dem Licht der Sonne und des Mondes, zu Regen und Schnee, zu Nebel und Wind, zu der Kühle des Abends, zu den Tautropfen des Morgens.

Diese Beschreibung von Christoph Wilmsen-Wiegmann verdichten seine Lichtsteine skulptural. Sie begegnen uns im öffentlichen Raum oder als kleine Objekte im Atelier in zahlreichen Variationen und laden zum Betrachten ein. Die Form des Steines (be)achtend, seine besondere Farbigkeit und Strukturierung betonend, schleift Christoph Wilmsen-Wiegmann Teile des Steines so lange bis sie transparent werden. Das Sonnenlicht des Tages oder der Mondschein der Nacht vereinigen sich mit den Steinen, mal durchleuchtend von hinten, mal die Blickseite beleuchtend.

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinzeichen, 2009

Standort: Kalkar, Portal des ehemaligen Dominikaner-Klosters am Dominikaner Bongert

Granit Assuan, Höhe 285 cm

 

Aufgestellt in einer Obstwiese als Portal zum ehemaligen Dominikaner-Kloster in Kalkar steht der fast drei Meter hohe Granitblock aus Ägypten. Schafe weiden dort und bringen durch ihr Schubbeln am Stein die Oberfläche des Granits zum Glänzen. Übrigens benutzten bereits die ägyptischen Bildhauer Schafsfett, um die Oberflächen der Steine zu polieren.

Christoph Wilmsen-Wiegmann

50zig historische Marktsteine Kalkar, 2023

Verwandlung und lyrische Momente

 

Standort: ehemals auf dem Kalkarer Marktplatz

 

Der historische Marktplatz von Kalkar entstand um 1440 im Zusammenhang mit dem Bau des Rathauses. Christoph Wilmsen-Wiegmann nahm 50 Marktsteine und gestaltete sie um. Sie stammen aus Schweden und Norwegen, aus der Eifel, dem Maingebiet, dem Westerwald, aus dem Flussbett von Rhein und Maas.

Die Spuren der Marktbesucher, die über die Jahrhunderte den Platz belaufen und die Oberfläche der Marktsteine geformt haben, sind jetzt nach unten gekehrt. Sie werden zu Sohlen durch Steinverwandlung entstandenen Skulpturen, die an den neuen Oberseiten geschliffen, poliert wurden und viel Geschichte in sich tragen.

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinsichel

1997/1998

 

Standort: Kreisverkehr in Moyland

Rosenquarzgranit aus Assuan in Ägypten, 600 cm x 150 cm x 80 cm

 

Im Moyländer Kreisverkehr an der Bundesstraße B57, auf der ehemaligen römischen Militär- und Handelsstraße Via Romana, steht diese Steinsichel.

Die aus einem Block Rosenquarzgranit geschlagene Skulptur ist nach Südosten orientiert. Wenn man diese Ausrichtung in einer Geraden verlängert, trifft man nach 4.000 Kilometern auf die Stadt Assuan, in deren jahrtausendealten Steinbrüchen Christoph Wilmsen-Wiegmann den Rosenquarzgranit für die Steinsichel gebrochen hat.

Beglückt war ich auch über die Entdeckung der braunroten Farbfelder im Halbkreisbogen des bearbeiteten Granitblocks, denn diese Symbole, Zeichen, Chiffren, ... Bilder und schriftartigen Formen sind wie Landschaften, die die Entwicklungsgeschichte der Erde in Stein gezeichnet haben“, erinnert sich Christoph Wilmsen-Wiegmann. Die klare Formreduktion, betonte Kanten, kraftvoll gewölbte Flächen sowie deren polierten Oberflächen geben dem massiven Block Eleganz und Leichtigkeit.

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Quellstein Kubus, 2007

 

Standort: Kräutergarten Museum Schloss Moyland

 

Im Kräutergarten von Schloss Moyland lädt der Quellstein Kubus zum Verweilen ein. Leise plätschert das Wasser, bildet immer wieder neue Wasserkreise rund um das Quellloch auf der oberen Fläche und rieselt dann sanft an den senkrechten Flächen des geschliffenen Granits herab. Sonne und Wind gestalten mit, wenn aus dem Granitblock – wie in der Geschichte von Moses im Alten Testament– das Wasser leise sprudelt.

 

Weitere Skulpturen von Christoph Wilmsen-Wiegmann

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steintorkubus – Nibelungentor für Xanten, 2010

Standort: Xanten, Ecke Am Rheintor und Zur Colonia (Haupteingang APX)

Granit aus einem Steinbruch am Oslofjord, Höhe 400 cm, Gewicht 24 Tonnen

 

Als junger Mann absolvierte Christoph Wilmsen-Wiegmann ein Archäologiepraktikum in Xanten. Viele Jahre später gestaltete er das Nibelungentor für Xanten. Den Stein dazu fand er am Oslofjord in Norwegen. Dort ließ er den großen, 34 Tonnen schweren Stein (Rohgewicht) bereits im Steinbruch teilen. Diesen Bruch im Steinquader an der richtigen Stelle hinzubekommen, sei die größte Herausforderung gewesen. "Die Ingenieure in dem norwegischen Steinbruch waren sich einig, dass Risse im gesamten Stein entstehen würden. Als sich der Bruch exakt dort vollzog, war das für mich ein unbeschreibliches Gefühl, dass man nur mit der Geburt eines Kindes vergleichen kann", erinnert sich Christoph Wilmsen-Wiegmann.

Von Norwegen ließ er die zwei Stücke in sein Außenatelier in Appeldorn bringen. Dort schlug er aus den beiden Steinen die einem Torbogen ähnelnde Form, die durch den Riss, die Lücke oben und die leicht versetzten Aufstellungsrichtung der beiden Teile besonders gewirkt: Ein Tor als Zeichen für Verbindung und Abgrenzung, gleichzeitig geprägt durch Zerrissenheit.

Der Standort des Nibelungentores ist genau am Übergang von der römischen Stadt zur mittelalterlichen Domstadt. Dort – ganz nah dem Standort – „lag übrigens vor 1000 Jahren der Königshof, auf dem der Sage nach Siegfrieds Eltern gelebt haben sollen." Deren Familiengeschichte spiegele sich - so Christoph Wilmsen-Wiegmann - in der Zerrissenheit des Granitblocks.

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Steinkreis, 2016

Standort: Xanten, Westwall (Kurpark am Gradierwerk)

Sitzhöhe,  jeweils 0,7 bis 1,2 Tonnen schwer

 

Zwölf Steine auf der Umfangslinie eines Kreises mit 12 Meter Durchmesser. Für jeden Po kann hier ein auf der Sitzfläche sorgfältig geschliffener Steinsitz gefunden werden, ein Kreis, der zum Miteinander einlädt.

 

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Salz und Stein, 2012

Ort: Evang. Kirche Xanten

2012 setzte Christoph Wilmsen-Wiegmann einen glatt geschliffenen, norwegischen Granit-Kubus in die evangelische Kirche in Xanten und rieselte über eine spezielle Trichter-Konstruktion Salz aus dem niederheinischen Bergwerk in Rheinberg-Borth auf die Mitte des Granits.

Beim Rieseln entwickelte sich auf dem Kubus eine quadratische Salz-Pyramide. Am Fuss des Granitblocks formte das Salz vier Kegel, die sich mit den Nachbarkegeln verbanden.

 

2008 schüttete der Künstler zum Hansetag in einem alten Speichergebäude in Salzwedel 21 Salzkegel auf aus dem 200 Millionen Jahre alten Salz aus den 900 Meter tiefen Stollen des Salzbergwerks in Rheinberg-Borth. Auf 15 dieser Kegel legte er Steinbarken aus Basalt.

>> CWW - Salz und Stein, HANSEartWORKS 2008 Salzwedel

Eine ähnliche Installation zeigte er 2023 während einer Ausstellug in der Krefelder Pax Christi Kirche.

Salz und Stein (Pax Christi Krefeld)

Christoph Wilmsen-Wiegmann

Auschwitz

 

Ein zerbrochenes Haus, dessen Hälften lange Schatten werfen. Dazwischen liegt ein übergroßer Stempel mit der spiegelverkehrten Beschriftung AUSCHWITZ. Die Arbeit setzt sich künstlerisch mit einem dunklen Teil deutscher Geschichte auseinander: „Abgestempelt“, stigmatisiert durch NS-Propaganda und NS-Behörden, wurden Mitbürger jüdischen Glaubens deportiert und starben in einem der zahlreichen Konzentrationslagern: Buchenwald (bei Weimar), Auschwitz (Polen)...

1982 war ich zum ersten Mal in Israel und habe damals auch mit Überlebenden der Shoa gesprochen. Zurück in meinem Atelier habe ich mich gefragt: Kann man die Vernichtung der europäischen Juden überhaupt skulptural fassen und begreifbar machen? Langsam reifte der Gedanke eines Stempels, als Symbol für das Fallbeil und die administrative Vernichtungsmaschinerie im Nazi Deutschland“, sagt Wilmsen-Wiegmann. Seitdem beschäftigt er sich immer wieder mit dem Thema im Skulpturenprojekt Buchenwald.

 

1996

installierte er im Kreuzgang des Xantener Domes Buchenwaldstempel und im Ziegelhof am Siegfried-Museum 45 eiserne Schuhe, die an Pogrome im Jahr 1096 erinnern: Französische Kreuzritter ermordeten zu Beginn des Ersten Kreuzzuges aus Köln geflohene Juden in Xanten.

2001

eröffneten Franz Joseph van der Grinten und Paul Spiegel (Zentralrat der Juden in Deutschland) die ergreifende Installation Buchenwald von Christoph Wilmsen-Wiegmann im Museum Schloss Moyland: 45 große Stempel auf dem Marmorboden eines weiß getünchten Moyländer Gewölbekeller verteilt. Mal erkennt man den gedruckten Schriftzug, meist muss man ihn in der Spiegelschrift entschlüsseln. Die überdimensionierten Stempel stehen für eine seelenlose NS-Bürokratie, durch die Opfer "abgestempelt" und in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden.

2003

werden in Meerbusch–Lank vier Steinstempel (Litzmannstadt, Riga, Izbika, Theresienstadt) zum Erinnerungsort.

2021

installiert der Künstler zum Gedenken an den 9. November im Xantener Dom einen Auschwitz-Stempel

2023

entsteht zur Erinnerung an die Befreiung von Mauthausen und den Nebenlagern Ebensee und Gusen eine Fotodokumentation mit dem Stempel Mauthausen

 

In vielen ehemaligen Konzentrationslagern und anderen Erinnerungsorten hat Christoph Wilmsen-Wiegmann den dazugehörenden Stempel fotografisch dokumentiert.

>> Buchenwald (Franz-Joseph van der Grinten zur Installation in Moyland)